Tablets erst mit Stimmbruch?

Geschrieben am 22.09.2025
von kommunikation


Erst beschlossen, dann kassiert – die 1:1-Ausstattung für Schüler:innen ab Klasse 5 war Teil des bayerischen Koalitionsvertrags. Doch nun verschiebt sie sich auf Klasse 8. Die Folge: Verunsicherung in den Schulen, enttäuschte Eltern, wachsendes Ungleichgewicht. Und eine ganze Altersgruppe, die bildungspolitisch nicht mehr vorkommt.

Es war politisch vereinbart, pädagogisch vorbereitet, organisatorisch angelaufen: Die 1:1-Ausstattung ab der 5. Klasse sollte ein Einstieg in gerechte digitale Bildung sein. So steht es im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern:

„Bis spätestens 2028 sollen sukzessive alle Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden.“

Doch dann die Kabinettsklausur – und plötzlich: Stopp! Tablets kommen jetzt erst ab Klasse 8, frühestens.
Kultusministerin Anna Stolz sagt dazu:

„Umso jünger, umso weniger.“

Das mag auf dem Papier nach Vorsicht klingen – in der Realität ist es ein Rückzug.
Ein Rückzug aus Verantwortung, Planbarkeit, und nicht zuletzt: aus Bildungsgerechtigkeit.

Grundschule? Wird einfach überblättert

Was an dieser Debatte besonders auffällt: Die Klassen 1 bis 4 werden nicht einmal mehr erwähnt.
Weder in den Pressemitteilungen noch in der konkreten Umsetzung. Als sei Grundschule ein Schonraum ohne Anschluss, irgendwo zwischen Bastelkleber und Wachsmalkreide.

Dabei erleben Kinder heute schon vor der Einschulung digitale Wirklichkeit – nur eben ohne schulische Struktur und Anleitung.
Die Schule hätte die Chance, hier den Unterschied zu machen: durch klare Regeln, geschützte Geräte, sinnvolle Nutzung.
Aber sie bekommt kein Werkzeug – sondern den Auftrag, aus „weniger“ das „Mehr“ zu machen.

Der MLLV kritisiert diese Entwicklung entschieden:
„Medienbildung gehört an den Anfang – nicht an den Rand.“
Gerade Kinder aus weniger privilegierten Familien brauchen digitalen Zugang in der Schule – nicht irgendwann, sondern jetzt.

350 Euro – gut gemeint reicht nicht

Ja, 350 Euro sind ein ordentlicher Zuschuss.
Aber wer übernimmt die Kosten für Hülle, Tastatur, Eingabestift? Wer bietet Hilfe beim Einrichten, Aktualisieren, Ersetzen?
Und was ist mit Familien, die das Gerät trotz Zuschuss nicht anschaffen können – oder wollen? Leihgeräte? Die sind rar, unpersönlich, eingeschränkt nutzbar.
Sie mögen ein politischer Ausgleich sein – sie sind kein pädagogisches Konzept.

Fazit: Die Zukunft darf nicht mit 13 beginnen

Wer digitale Bildung verschiebt, verschiebt auch Chancen.
Wer Tablets streicht, bevor Inhalte entstehen, entzieht der Schule ihr Werkzeug.
Und wer einen Koalitionsvertrag unterschreibt, um ihn dann öffentlich zu übergehen, verliert nicht nur Glaubwürdigkeit – sondern auch das Vertrauen derer, die Schule gestalten.

Und Markus Söder? Der feiert „Laptop und Lederhose“, lobt bayerische Raumfahrtziele und ruft regelmäßig das beste Bundesland der Welt aus. Nur im Klassenzimmer geht Bayern gerade nicht auf Mission – sondern auf Stand-by. Hightech in der Umlaufbahn, Kreide in der Hand. Willkommen im Land der digitalen Widersprüche.

Wer Digitalisierung verspricht, darf sie nicht wieder einkassieren.
Wer Bildungsgerechtigkeit will, kann nicht die Jüngsten ausschließen.
Und wer regiert, sollte wissen: Verlässlichkeit beginnt nicht erst ab Klasse 8.

Es grüßt Sie herzlich

Martin Schmid

1.Vorsitzender