Am 9. Oktober flogen die Pensionisten aus zur Besichtigung des Neuen Schlosses Schleißheim, bestens organisiert vom Ehepaar Rudolph, herzlichen Dank dafür!
Die reinen Fakten können ja jederzeit im Internet in den entsprechenden Broschüren recherchiert werden. Unserer Schlossführerin, Frau Dr. Ramm, mit ihren profunden Kenntnissen ging es deshalb mehr um die Darstellung der Herrscherrolle, seines Selbstverständnisses und die Demonstration der absoluten Überlegenheit über das Volk. Er untersteht nur Gott. Herrscher Max Emanuel, der Erbauer von Schloss Schleißheim, dem Neuen, hatte eine bewegte Vita, landete häufig im Exil, wo er in Frankreich das Schloss von Versailles kennenlernt, was ihm dann als Vorbild für die eigene Bautätigkeit dient. Er sah sich nach der gewonnenen Schlacht im Spanischen Erbfolgekrieg der Kaiserwürde nahe. Schon 1683 war er zum Helden avanciert nach der erfolgreichen Schlacht in Wien gegen die Türken Nun heiratet er die Kaisertochter Maria Antonia, der natürlich entsprechender Prunk zur Hochzeit geboten werden muss. Also schloss er an die schon bestehenden Bauten, das Alte Schloss, Lustheim und die üppigen Parkanlagen an. 1701 beginnt der Konkurrenzbau zu Versailles unter dem Baumeister Enrico Zuccalli.
Es sind 1300 bis 1500 Menschen im Einsatz, beachtlich bei einer Gesamteinwohnerzahl von 20000! Es geht beim Bau immer um Symmetrie, innen und außen, denn alles, was von Gott kommt, ist symmetrisch. Maria Antonia hatte den alleinigen Anspruch auf das Erbe des Weltreiches Spanien. Der nächste legitime Herrscher sollte der erste gemeinsame Sohn werden. Da aber der einzig überlebende Sohn nach der Geburt auch nur sieben Jahre alt wurde, musste die Entscheidung auf dem Schlachtfeld ausgetragen werden, wo Max Emanuel zwar unterliegt, was ihn aber nicht hindert, unverdrossen weiter zu bauen. Das monumentale Schloss spiegelt in vielem das ausgefeilte Zeremoniell wider, was zum Beispiel Empfänge betrifft. Eine riesige Treppe im Mittelbau ist so angelegt, dass die Besucher unten zunächst nicht sehen können, was sich oben abspielt. Da steht natürlich der Herrscher, der sich als Mittler zwischen Gott und den Untertanen präsentiert. Die Treppe teilt sich aber auf halber Höhe und führt in die Gegenrichtung weiter. Das Portal unten von Ignaz Günther, die Fresken von Cosmas Damian Asam und die Stuckdekorationen von Johann Baptist Zimmermann, um nur einige zu nennen, verhalfen Aufgang und auch den Räumen zu unerhörter Pracht.
Der Große Saal, der Victoriensaal, die Große Galerie, die sich über die gesamte Seite des Mittelbaus erstreckt, bergen zahllose künstlerische Schätze. Die unzähligen barocken Bilder namhaftester Künstler stammen aus Max Emanuels privater Sammlung. Es ist von fast allen Räumen immer wieder der Blick auf die prächtigen Gärten und Schloss Lustheim möglich. Mobiliar nach Entwürfen von Joseph Effner und Francois Cuvillé bezeugen den hohen Anspruch des Bauherrn.
Das Appartement des Kurfürsten, sein Arbeitszimmer, nie benutzte prunkvolle Schlafräume vervollständigen das Bild. Allein 420 m bemalte Deckenfläche zeigen die Dimensionen.
Das Französische herrscht vor, schon im Sprachgebrauch: Trottoir, Portemonnaie… Alle tragen Perücke, was sich bei den vielfältigen Verbeugungen durchaus als gefährlich erweist.
Feste werden in der Nacht gefeiert, womit beispielsweise 300 bis 500 Bienenwachskerzen zur Illumination notwendig sind. Eine kostet so viel, wie ein Arbeiter in der Woche verdient! Das sind doch mal Relationen!
Auch die barocke künstliche Anlage der Gärten und Parkanlagen zeugt von der Kontrolle des Herrschers auch über die Natur.
Eine bedeutende Rolle spielt das Wasser in Form von Fontänen beispielsweise. Die in Schloss Schleißheim, imposant genug, wurde so gut wie nie benutzt, sie sollte lediglich beeindrucken.
Später wurden die Kunstsammlungen und Gärten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dass der Fürst natürlich auch die Schwerkraft umkehren kann, bezeugt der barocke große Stern auf dem Fußboden in einem der Räume.
1726 stirbt Max Emanuel, nicht, ohne nochmal geheiratet zu haben, denn die Erbfolge musste gesichert sein. Nach einer ärztlichen Überprüfung ihrer Gebärfähigkeit und geradezu grotesken Geldbeträgen des Vaters heiratete der Kurfürst eine völlig einfache Frau, Theres Kunigunde, die ihr Soll durchaus erfüllte und in 10 Jahren neun Kinder gebar.
Garten und Kanalsystem sind ein Kapitel für sich.
Die Seniorengruppe nahm im Anschluss ein ebenso stilvolles wie köstliches Mittagessen zu sich im nahe gelegenen Schlossrestaurant.